
Herr Traudich ging an einem Tag
von Wolken frei und Regen
dorthin, wo niemand Sonne mag
und wo nur Winde fegen.
Er machte Ehre seinem Nam’
und wanderte ohn’ Zaudern.
Als er an jenen Orte kam,
da packte ihn ein Schaudern:
Ringsum erblickte er nur Grau,
kein Gelb, kein Rot, Orange nicht.
Nicht mal ein sattes Dunkelblau,
kein Scheinwerfer, kein Standlicht.
Natürlich war es auch kein Wunder
an einem Ort, wo’s nieselt,
dass Hose, Hemd, sprich: Traudichs Plunder,
vom Regen nass gerieselt.
Herr Traudichs Plan war, hier vor Ort
den Leuten, die dort leben
wohl wollend, aber schnurr-sofort,
ein Lehrstück mitzugeben:
Er wollte diesen armen Menschen,
die nichts als Regen kennen
und sturmzerhackte Fichtentännchen
den Weg zur Sonne nennen.
Ganz gut gelaunt trotz trübem Pusten
ging pitschnass er auf Straßen,
wo er nichts hörte als nur Husten
und schnupfverstopfte Nasen.
Herr Traudich sprach zwei Männer an,
die rote Nasen hatten:
„Sagt, Männer, mir, sagt mir als Mann,
habt Ihr den Wind nicht satte?“
„Was meinst für einen Wind nur du
und warum soll er satt sein?
Pack’ dir halt deine Ohren zu
und deine Nase warm ein.“
So sprachen sie und zogen fort
der Regen fiel vom Himmel.
Was für ein sonderbarer Ort –
an Häuserwänden Schimmel.
Zwei Frauen kamen ihm entgegen
mit feuerroten Wangen.
„Sagt, Frauen, nervt Euch nicht der Regen,
der Himmel – stets verhangen?“
„Die wen’gen Tropfen, lieber Mann,
die kann die Frucht gebrauchen.
Was alles hier gedeihen kann!
Und Feuer kann nicht rauchen.“
Herr Traudich wagte weiter nun
die Menschen hier zu fragen,
was sie bei solchem Wetter tun
und was zum Grau sie sagen.
Zwei Kinder spielten regennass
von Mütze bis zu Socken!
„Sagt mir, Ihr Kinder, macht das Spaß,
im Matschkasten zu hocken?“
„Wir spielen doch in grobem Sand
in Matsch nicht, nicht in Schlacken!
Hast du denn nicht sofort erkannt,
dass Sandkuchen wir backen?!“
Ganz irritiert zog Traudich weiter
es blies ohn’ Unterlass.
Die Leute blieben dennoch heiter,
sie lebten nass – mit Spaß ?!?!
Doch Traudich fror nur, musste niesen
er zitterte am Leibe.
Er wollte weg vom Strömengießen
zurück in seine Bleibe.
Daheim zog er die Kleider aus
und musste eingestehen:
ein jeder fühlt sich dort zu Haus’,
wo Heimatwinde wehen.
(Nic Leonhardt, Herr Traudich (Ur-Version: Köln 06. Oktober 1996))